Hallo Barchettafreunde,
Nachdem in einen neueren Thread die Frage nochmal aufgeworfen wurde, hole ich den alten Thread nochmal vor. Ich versuche mal, das Thema an der Wurzel zu packen.
Üblicherweise gibt man die Motorlast in % an. In dem letzten Screenshot von “Spatzi“ sieht man, dass ab der 98er Version (VIS) auch Fiat die Motorlast jetzt in Prozent angibt.
Bei Prozent ist immer die Frage von was.
Vereinfacht kann man sagen, die Motorlast in Prozent ist das Verhältnis des aktuell abgegebenen Drehmoments zum hubraumbezogenen möglichen Drehmoment.
Das „hubraumbezogene maximale Drehmoment“ ist das Drehmoment, dass der Motor abgibt, wenn die Zylinder im Ansaugtakt vollständig mit Luft/Benzingemisch gefüllt sind. Werden die Zylinder nur halb gefüllt (weil man „weniger Gas“ gibt), gibt er nur das halbe Drehmoment ab, die Motorlast ist 50%.
Diese Systematik nutzt man aus, um die Last zu berechnen. Es gibt ja keinen Sensor, der das abgegebene Drehmoment ermittelt. Die ECU bestimmt diese deshalb indirekt.
Ein Viertakt-Motor saugt pro Zylinder nur jede 2. Umdrehung an. Deshalb saugt ein 1,8 Liter-Motor pro Umdrehung 0,9 Liter an, bei 100% Last.
Der Luftmassenmesser ermittelt und teilt dem Steuergerät mit, wieviel Gramm Luft pro Sekunde in dem Motor gesaugt werden. Unter Berücksichtigung der Temperatur kann jetzt berechnet werden, welches Volumen diese Luftmasse hat. Dieses Volumen muss dann durch die Umdrehungen geteilt werden.
Dann hat man das Luftvolumen, welches pro Umdrehung angesaugt wird. Dieses setzt man dann ins Verhältnis zum halben Hubraum.
Das ist die Motorlast (dafür gibt es auch irgendeine Iso-Norm) in %!
Fiat macht das ab der Vis-Version wohl auch so.
Aber die alte ECU gibt einem Wert in ms aus. Wie entsteht der?
Wie vorher schon erklärt, ergibt sich die Motorlast aus der angesaugten Luftmenge geteilt durch die Drehzahl.
Jetzt war ja eine Frage, handelt es sich bei dem TP-Wert tatsächlich um eine Angabe zur Motorlast?
Um das zu verifizieren, habe ich die Luftmasse durch die Drehzahl geteilt. Damit erhalte ich die Luftmasse, die pro Umdrehung angesaugt wird. Dann habe ich den TP durch diesen Wert geteilt. Diese Rechnung habe ich im Excel für eine komplette Aufzeichnung einer Fahrstrecke eingesetzt.
Wenn der so ermittelte Wert über die ganze Messung konstant ist, heißt das, der TP ist direkt proportional zur Motorlast und damit ein Maß dafür.
Das Ergebnis
Die Grundlinie ist konstant, aber was hat das mit den Ausreißern auf sich? Diese entstehen, weil die Werte sequenziell abgefragt werden. Auch wenn die Werte wie Drehzahl, Luftmasse, Motorlast einer Zeile stehen, werden dies nacheinander abgefragt und stammen damit nicht vom gleichen Zeitpunkt. In Phasen, wo sich die Motorlast stark ändert, gibt es diese scheinbaren Überschwinger. Die Überschwinger sind durch die Meßmethodik bedingt und können ignoriert werden.
Der im MES angezeigte Wert ist also tatsächlich ein Wert, der die Motorlast beschreibt, und nicht irgendein Wert für die Anreicherung.
Aber warum diese komische Angabe in ms?
Die kommt übrigens tatsächlich so aus der ECU und ist keine Erfindung des MES-Entwicklers.
Die Erklärung ergibt sich für mich aus der Arbeitsweise der ECU. Diese stammt aus einer Zeit, wo Rechenleistung noch knapp war und der Code möglich optimal sein muss.
Die Berechnung der Einspritzzeit läuft etwas vereinfacht folgendermaßen ab:
Die Luftmasse wird durch die Drehzahl geteilt und mit einem konstanten Faktor multipliziert, Das Ergebnis ist die Basiseinspritzzeit. Diese wird verdoppelt, dann mit Korrekturfaktoren aus Lambda-Schleife, Anreicherung, Düsenkennlinie etc. beaufschlagt und ergibt die Einspritzzeit.
Die ECU braucht die Motorlast z.B. zur Steuerung des Phasenstellers und zur Berechnung der Anreicherung. In welcher Einheit diese ist, ist egal, solange der Wert proportional zur Motorlast ist.
Also nimmt man einfach die eh berechnende Basiseinspritzzeit, und spart sich weitere Berechnungen.
Mehr verbirgt sich dahinter nicht.
Gruß Ralf