Autor Thema: "Engine load" / Motorlast im MultiECUScan ?  (Gelesen 11892 mal)

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Offline Ralf A.

Re: "Engine load" / Motorlast im MultiECUScan ?
« Antwort #20 am: 04. November 2021, 19:44:02 »
Hallo Barchettafreunde,
Nachdem in einen neueren Thread die Frage nochmal aufgeworfen wurde, hole ich den alten Thread nochmal vor. Ich versuche mal, das Thema an der Wurzel zu packen.

Üblicherweise gibt man die Motorlast in % an. In dem letzten Screenshot von “Spatzi“ sieht man, dass ab der 98er Version (VIS) auch Fiat die Motorlast jetzt in Prozent angibt.
Bei Prozent ist immer die Frage von was.

Vereinfacht kann man sagen, die Motorlast in Prozent ist das Verhältnis des aktuell abgegebenen Drehmoments zum hubraumbezogenen möglichen Drehmoment.
Das „hubraumbezogene maximale Drehmoment“ ist das Drehmoment, dass der Motor abgibt, wenn die Zylinder im Ansaugtakt vollständig mit Luft/Benzingemisch gefüllt sind. Werden die Zylinder nur halb gefüllt (weil man „weniger Gas“ gibt), gibt er nur das halbe Drehmoment ab, die Motorlast ist 50%.
Diese Systematik nutzt man aus, um die Last zu berechnen. Es gibt ja keinen Sensor, der das abgegebene Drehmoment ermittelt. Die ECU bestimmt diese deshalb indirekt.
Ein Viertakt-Motor saugt pro Zylinder nur jede 2. Umdrehung an. Deshalb saugt ein 1,8 Liter-Motor pro Umdrehung 0,9 Liter an, bei 100% Last.
Der Luftmassenmesser ermittelt und teilt dem Steuergerät mit, wieviel Gramm Luft pro Sekunde in dem Motor gesaugt werden. Unter Berücksichtigung der Temperatur kann jetzt berechnet werden, welches Volumen diese Luftmasse hat. Dieses Volumen muss dann durch die Umdrehungen geteilt werden.
Dann hat man das Luftvolumen, welches pro Umdrehung angesaugt wird. Dieses setzt man dann ins Verhältnis zum halben Hubraum.
Das ist die Motorlast (dafür gibt es auch irgendeine Iso-Norm) in %!

Fiat macht das ab der Vis-Version wohl auch so.
Aber die alte ECU gibt einem Wert in ms aus. Wie entsteht der?

Wie vorher schon erklärt, ergibt sich die Motorlast aus der angesaugten Luftmenge geteilt durch die Drehzahl.
Jetzt war ja eine Frage, handelt es sich bei dem TP-Wert tatsächlich um eine Angabe zur Motorlast?
Um das zu verifizieren, habe ich die Luftmasse durch die Drehzahl geteilt.  Damit erhalte ich die Luftmasse, die pro Umdrehung angesaugt wird. Dann habe ich den TP durch diesen Wert geteilt. Diese Rechnung habe ich im Excel für eine komplette Aufzeichnung einer Fahrstrecke eingesetzt.
Wenn der so ermittelte Wert über die ganze Messung konstant ist, heißt das, der TP ist direkt proportional zur Motorlast und damit ein Maß dafür.


Das Ergebnis



Die Grundlinie ist konstant, aber was hat das mit den Ausreißern auf sich? Diese entstehen, weil die Werte sequenziell abgefragt werden. Auch wenn die Werte wie Drehzahl, Luftmasse, Motorlast einer Zeile stehen, werden dies nacheinander abgefragt und stammen damit nicht vom gleichen Zeitpunkt. In Phasen, wo sich die Motorlast stark ändert, gibt es diese scheinbaren Überschwinger. Die Überschwinger sind durch die Meßmethodik bedingt und können ignoriert werden.

Der im MES angezeigte Wert ist also tatsächlich ein Wert, der die Motorlast beschreibt, und nicht irgendein Wert für die Anreicherung.

Aber warum diese komische Angabe in ms?
Die kommt übrigens tatsächlich so aus der ECU und ist keine Erfindung des MES-Entwicklers.

Die Erklärung ergibt sich für mich aus der Arbeitsweise der ECU. Diese stammt aus einer Zeit, wo Rechenleistung noch knapp war und der Code möglich optimal sein muss.
Die Berechnung der Einspritzzeit läuft etwas vereinfacht folgendermaßen ab:

Die Luftmasse wird durch die Drehzahl geteilt und mit einem konstanten Faktor multipliziert, Das Ergebnis ist die Basiseinspritzzeit. Diese wird verdoppelt, dann mit Korrekturfaktoren aus Lambda-Schleife, Anreicherung, Düsenkennlinie etc. beaufschlagt und ergibt die Einspritzzeit.

Die ECU braucht die Motorlast z.B. zur Steuerung des Phasenstellers und zur Berechnung der Anreicherung. In welcher Einheit diese ist, ist egal, solange der Wert proportional zur Motorlast ist.
Also nimmt man einfach die eh berechnende Basiseinspritzzeit, und spart sich weitere Berechnungen.

Mehr verbirgt sich dahinter nicht.

Gruß Ralf



Offline Uli

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Re: "Engine load" / Motorlast im MultiECUScan ?
« Antwort #21 am: 07. November 2021, 12:26:40 »
Vielen Dank, Ralf: Wieder ein sehr informativer Beitrag und eine weitere Präzisierung zum Thema "Motorlast" / "Engine load"! :gut:

Wir sind noch an diesem Punkt:
Aber die alte ECU gibt einem Wert in ms aus. Wie entsteht der?

1.

Da du den Parameter "TP" wieder aufgegriffen hast:

Bisher hatten wir dazu aus dem Handbuch die eher unpräzise Formulierung:

"... - Motorlast, die von der von jedem Zylinder angesaugten Luftmenge abhängt. Diese Menge wird anhand der Ansaugluftmenge berechnet und durch den Parameter TP bestimmt, der in Millisekunden (ms) angegeben wird."

Die Frage hier im Thread war zuvor schon mal: Was ist "TP"?

Ich hatte schon mal als Definition angeboten:

TP = (Basic) Time of Period (of fuel injection) = "Basiseinspritzzeit" [ms] = Q/N,
wobei Q = Quantity of intake air (Ansaug-Luftmenge), N = Number of rotation of engine / engine speed (Drehzahl)


Allerdings ergibt sich dabei aus diesem dimensionslosen Nenner mathematisch immer noch keine Zeiteinheit. Es ist (mir) insofern immer noch nicht völlig klar, wie sich TP [ms] mathematisch genau ableiten lässt.

Aber technisch mag das einfach proportional sein, dann kann ich damit soweit umgehen.

2.

Du schreibst: "Dann habe ich den TP durch diesen Wert geteilt."

Das ist mir noch nicht klar: Woher hast du denn diesen Wert für deine Berechnung genommen?

3.

Deine Quintessenz ist, dass auch Motorlast und TP proportional sind und deswegen wiederum nicht mathematisch, aber technisch die "Motorlast" insofern als Zeit in ms angegeben werden kann, wie dies MES tut. - Habe ich das richtig verstanden?
DSM-STEP-5 '98 grigio steel 260.000 km + DSM-STEP-5 '97 giallo ginestra 160.000 km - (Details: Barchetta-Blog.de)

Offline Ralf A.

Re: "Engine load" / Motorlast im MultiECUScan ?
« Antwort #22 am: 08. November 2021, 00:14:51 »
Hallo Uli,
Die Luftmenge pro in Gramm pro Sekunde wird durch die Drehzahl 1/min geteilt. Unter der Berücksichtigung min/sec Umrechnung erhält du die Luftmasse in Gramm. Die Zeit wird rausgekürzt. Die Luftmasse teilst du durch 14,7 und erhälts, wiederum im Gramm, die Masse des Benzins das du einspritzen must.
Über das spezifische Gewicht des Benzins rechnest du das Volumen aus, welches du einspritzen must. Jetzt hast du ccm.
Der Durchfluß der Düsen ist in Volumen pro Zeit angegeben.
Wenn du jetzt das errechnete Benzinvolumen durch den Durchfluß der Düsen teilst, erhälts du eine Zeit. Das ist die Zeit, die die Düse geöffnet sein muß um die errechnetet Spritmenge durchzujagen!

Wenn du dir die Mühe machst, kannst du die Formel dazu aufstellen. Ist zwar einfach, aber aufgrund der ständigen unterschiedlichen Einheiten (min/sec/msec) (liter/ccm) (gr/Kg) musst du ständig mit Umwandlungsfaktoren operieren.
Wenn man dann die einzelnen Konstanten alle multipliziert, kommt eine  einfache Formel am Ende raus.

Zur Kurve:
Ich habe Luftmasse durch Drehzahl geteilt.  Um zu verifizieren, ob der TP-Wert tatsächlich linear abhängig zur  "Luftmasse/Drehzahl" habe ich die beiden Werte einfach durcheinander geteilt und das Ergebnis graphisch dargestellt. Ein gängiges Verfahren in der Versuchsauswertung.

Es gibt etliche Möglichkeiten die Motorlast anzugeben, dahinter steht immer Physik/Mathematik.
Hinter den TP in ms steht ebenfalls eine mathematische Formel, die anhand von konstanten Parametern (spezifische Gewichte/14,7/Durchluss pro Zeiteinheit) sowie Luftmasse und Drehzahl einen Wert ausgibt, der die Lastsituation des Motors beschreibt.
MES stellt das nur da, lt. der ODB-Protokollbeschreibung wird dieser Parameter direkt von der ECU ausgeben.

Gruß Ralf